Jetzt habe ich gerade eine E-Mail erhalten. Mit Hinweis auf eine
bevorstehende Klassenzusammenkunft. Den Absender nenne ich hier Franz.
Ich kenne ihn nicht. Er schreibt, er habe die Mail-Adressen von unserem
Kurs in den Computer eingegeben. Um zu wissen, ob alle richtig erfasst
seien, bitte er um ein OK-Mail. Er wählte die kleinste Schrift. So fiel
mir nicht sofort auf, dass diese Nachricht mit dem Vornamen einer Frau
unterschrieben war. Ich orientiere mich immer zuerst an der
Absender-Adresse.
Unmut meinerseits. Wenn ich etwas verabscheue, dann sind es Verschleierungen. Was will dieser Franz
mit Bestätigungen von Mail-Adressen, unter denen die meine
offensichtlich auch figuriert? Worauf bezieht er sich? Ein Wunder, dass
ich seine Anfrage nicht sofort gelöscht habe.
Dann bemerkte ich den weiblichen Vornamen unter dem Text und konnte
mir einen Reim machen. Eine Mitschülerin aus dem Seminar X, an dem ich
auch teilnahm, durfte offenbar den Computer ihres Mannes benutzen,
dachte aber nicht daran, im Betreff einen Hinweis auf sich einzufügen.
Sorglos schickte sie das „Franz-Mail“ an ihre Kolleginnen. Sie konnte
sich offenbar nicht vorstellen, dass wir sie nicht sofort erkennen
würden. Als ehemalige Verträgerin von Briefpost bin ich immer noch
allergisch auf alle Nachlässigkeiten in Adressen, die Mehrarbeit und oft
auch Verwirrung verursachen. Aber mehr noch störte es mich, dass sich
eine junge Frau über ihren Franz definierte.
Vor 15 Jahren, als meine Mutter gestorben war und meine Schwester und
ich für die Vermögens-Inventarisation ins Stadthaus gerufen wurden,
mussten wir die Personalausweise mitbringen. Damals wurde pro Familie
nur einer ausgestellt, selbstverständlich auf den Namen des Mannes. So
sassen dann meine Schwester als Paul Anton und ich als Alfred Primo
vor der Beamtin, die unsere Papiere prüfte. Und wir wollten von ihr
wissen, warum wir mit den Ausweisen der Ehemänner antraben mussten. Die
Ehe sei ein Zusammenschluss von 2 Personen, die zu einer neuen Einheit
geworden sei, sagte sie feierlich. Da genüge ein Dokument.
Bald aber änderte die Praxis, und Frauen durften den eigenen
Personalausweis bestellen. Die Gleichberechtigung kam voran. Der Name
einer Frau bekam den gleichen Wert, wie der des Mannes. Jetzt sollte er
nur noch selbstbewusst gebraucht werden.
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