Samstag, 31. März 2012

Schüleraustausch Voyage à Cologne – Reise nach Paris

Die Schule La Fayette, in der unsere Enkelin Mena unterrichtet wird, stellt in einem speziellen Blog täglich Informationen für Eltern und Grosseltern ins Netz.

So habe ich bald erfahren, dass die Gäste aus Paris schon am Tag nach der Ankunft den Kölner Dom besuchten. Sofort erinnerte ich mich an Margot Benary-Isberts kleinen Band Die Grossmutter und ihr erster Enkel.

Die Autorin stammt aus Deutschland, wanderte 1952 mit ihrem Mann nach den USA aus. Und dort wurde sie dann Grossmutter. Ihre Erfahrungen verarbeitete sie im erwähnten Band. Ausgehend von ihrer kleinen Kulturgeschichte des Grossmutterstands, lässt sie einen miterleben, wie sie ihn dann selbst erfuhr. Man hat allerhand zu lernen. Liebe auf den ersten Blick ... aber Schweigen ist Gold sind wichtige Themen, auch heute noch. Ich erinnerte mich aber hauptsächlich an den Ausklang ihres Grossmutterbuchs. Da sprach sie aus, es möge ihr noch beschieden sein, einmal ihren Enkeln ihre alte Heimat zu zeigen. Die Dome von Freiburg, Strassburg und Köln. Und eine deutsche Dorfstrasse am Abend mit dem Geruch von Holzrauch über rötlichen Dächern und dem Geläute von Kuhglocken. Und weiter sprach sie von der blauen Linie der Taunusberge am Rand der ehemaligen Reichs- und Krönungsstadt Frankfurt. Und sie dachte auch an das aus den Trümmern wieder erstandene Geburtshaus von Johann Wolfgang von Goethe. Mit wenigen Sätzen hat sie ihr Heimatgefühl wie ein Bild gemalt, das ich sofort wieder „sah“, als ich hörte, Mena hätte den Kölner Dom besichtigen dürfen.

Meine Familie hat einen ganz persönlichen Bezug zum Dom, denn diesen durften wir vor etlichen Jahren mit dem Glasmaler Heinrich Ziemons besuchen. Er arbeitete an wichtigen Glasfenster-Restaurationen mit, als bombardierte Kirchen und Dome nach dem Krieg aus den Trümmern wieder erstanden waren. Er konnte, nicht nur in Köln, sondern auch in Aachen, auf Glasfenster zeigen, die von ihm in alter Manier restauriert oder neu geschaffen wurden. Sein Kunsthandwerk war eines. Seine feinfühlige Art das andere, das einen Besuch gerade im Dom von Köln zum Erlebnis werden liess. Er rezitierte jeweils einen Text, der den Dom und seine Atmosphäre besang, seine Schönheit pries und von den Schwingungen aus Gebet, Gesang und Musik redete, die hier in höhere Sphären aufstiegen.

Wenn Mena nächstes Mal zu uns zu Besuch kommt, wird sie uns erzählen, welche Erlebnisse sie aus Köln heimgenommen hat. Vielleicht erzählt sie dann von der Kölnischwasser-Manufaktur, dem Eau de Cologne (dem Wasser aus Köln), das unter der Nummer 4711 weltweit bekannt ist. Wie ich schon hörte, werde diese Zahl gerne als Codenummer für Kreditkarten benützt, weil man sie kaum vergisst. Sie ist seit mehr als 200 Jahren das Markenzeichen für das echte Kölnisch Wasser.

Waren in Köln die Augen der Schüler zu allererst auf den Dom und den Rhein gerichtet, werden sie in Paris dann zum Eiffelturm und auf die Seine hin gelenkt. An beiden Orten gibt es alte Stadtkerne und geschichtliche Zeugen zu erkunden und Zusammenhänge zu erfahren. Es gilt auch, mit den erhaltenen Informationen zu arbeiten und Aufgaben zu erfüllen. Das scheint den Berichten nach gut zu gelingen. Und am heutigen Tag befinden sich die Gäste sogar noch in Bonn.

Wie ich von meiner Tochter hörte, sind die Werktage dann auch in Paris dem schulischen Alltag verpflichtet. Übers Wochenende soll dann jede Familie, die ein Kind beherbergt, etwas nach ihren Ideen und Verhältnissen unternehmen. Dieser Beschrieb gefällt mir extrem gut. Die Gastgebenden müssen nicht einem Schema folgen, dürfen sich selber sein. Dürfen zeigen, wie sie in ihrer Stadt leben, von ihr angeregt werden und zu Hause sind.

Sicher besteht auch eine Art Wettbewerb zwischen den Schulen. Man will einander zeigen, wie der eigene Schulbetrieb läuft, was ihnen wichtig ist. Und daraus entstehen dann oft Ideen, die mit heimgenommen werden. Und Freundschaften können sich entwickeln. Und der Horizont wird erweitert. Ich wäre ganz gern dabei.

Sonntag, 18. März 2012

Ein Kind im Vorschulalter doziert vom Kindersitz herab

„Wo sind sie in die Schule gegangen?“ Diesen Satz erspähte ich vorhin auf einem Werbebanner im Internet. Er versetzte mich sogleich nach Paris. Sommer 2011. Wir sassen am Familientisch unserer Tochter. Der Schwiegersohn hatte ein feines Essen gekocht und aufgetragen. Nora, damals 5-jährig, sass auf ihrem hohen Kindersitz und überblickte die Speisen. Da kam ihr in den Sinn, was sie in der Ecole Maternelle über die einzelnen Lebensmittel gelernt hatte. Eine Reihenfolge nach ihrem Wert. Zuoberst auf der Liste seien die wichtigsten, also wertvollsten Nahrungsmittel genannt. Die Früchte, Salate, das Gemüse. Dann Getreide, Fleisch, Fisch und zuunterst die Süssigkeiten.




Ihr Papa muss dann einen Einwand geäussert haben. Was er zurechtwies oder vielleicht ergänzte, hatte ich nicht bemerkt. Das konnte die kleine Schülerin aber nicht auf sich sitzen lassen.

Mit fester Stimme und hochdeutsch ausgesprochen, sagte sie: „Du bist nicht in die Schule gegangen. Du kannst das nicht wissen. ICH bin in die Schule gegangen." Es tönte so, wie wenn ihr Vater ein Analphabet wäre. Damit wir es auch wirklich begriffen, wiederholte sie diese Sätze mehrmals. Niemand widersprach ihr. Wir verhielten uns wie Schulkinder im Unterricht. Auf den Stockzähnen schmunzelten wir. Und die Eltern haben vielleicht eine Ahnung bekommen, was ihnen mit Noras klarem Denken und ihrer Hartnäckigkeit noch bevorsteht.

Diese Geschichte habe ich als eine Kostbarkeit nach Zürich heimgenommen. Noras Belehrung wird an unserem Familientisch jeweils dann ausgesprochen, wenn etwas behauptet wird, ohne Rücksicht auf die Person, auf deren Mist es gewachsen ist. Da heisst es dann im Originalton: „Das kannst du nicht wissen. ICH bin in die Schule gegangen.“ Und dann ist alles klar.