Sonntag, 18. März 2012

Ein Kind im Vorschulalter doziert vom Kindersitz herab

„Wo sind sie in die Schule gegangen?“ Diesen Satz erspähte ich vorhin auf einem Werbebanner im Internet. Er versetzte mich sogleich nach Paris. Sommer 2011. Wir sassen am Familientisch unserer Tochter. Der Schwiegersohn hatte ein feines Essen gekocht und aufgetragen. Nora, damals 5-jährig, sass auf ihrem hohen Kindersitz und überblickte die Speisen. Da kam ihr in den Sinn, was sie in der Ecole Maternelle über die einzelnen Lebensmittel gelernt hatte. Eine Reihenfolge nach ihrem Wert. Zuoberst auf der Liste seien die wichtigsten, also wertvollsten Nahrungsmittel genannt. Die Früchte, Salate, das Gemüse. Dann Getreide, Fleisch, Fisch und zuunterst die Süssigkeiten.




Ihr Papa muss dann einen Einwand geäussert haben. Was er zurechtwies oder vielleicht ergänzte, hatte ich nicht bemerkt. Das konnte die kleine Schülerin aber nicht auf sich sitzen lassen.

Mit fester Stimme und hochdeutsch ausgesprochen, sagte sie: „Du bist nicht in die Schule gegangen. Du kannst das nicht wissen. ICH bin in die Schule gegangen." Es tönte so, wie wenn ihr Vater ein Analphabet wäre. Damit wir es auch wirklich begriffen, wiederholte sie diese Sätze mehrmals. Niemand widersprach ihr. Wir verhielten uns wie Schulkinder im Unterricht. Auf den Stockzähnen schmunzelten wir. Und die Eltern haben vielleicht eine Ahnung bekommen, was ihnen mit Noras klarem Denken und ihrer Hartnäckigkeit noch bevorsteht.

Diese Geschichte habe ich als eine Kostbarkeit nach Zürich heimgenommen. Noras Belehrung wird an unserem Familientisch jeweils dann ausgesprochen, wenn etwas behauptet wird, ohne Rücksicht auf die Person, auf deren Mist es gewachsen ist. Da heisst es dann im Originalton: „Das kannst du nicht wissen. ICH bin in die Schule gegangen.“ Und dann ist alles klar.

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