Freitag, 29. April 2016

Geigenklänge unter einer Arkade und
Mittagessen im Gasthaus Le Ramoneur Savoyard

Rückreise aus Südfrankreich. Mittagshalt in der Hauptstadt des Departements Haute-Savoie. Trübes Wetter, leicht garstig und Regen.

Und doch konnte uns diese Stadt sofort für sich einnehmen. Nicht nur weil wir hungrig waren. Annecy ist ein Bilderbuch-Ort mit einer schönen Altstadt, dem Fluss Thion und dem See Lac d’Annecy. Er werde öfters mit Venedig verglichen, wurde uns gesagt. Er zieht Touristen an. Entsprechend der Sturm auf Zwischenverpflegungs-Stände und Gasthäuser.

Stehen geblieben sind wir eine ganze Weile bei einer jungen Frau, die mit einer Geige spielenden Marionette aufgetreten ist. Geschickt führte sie deren Bewegungen so, dass diese mit der Musik ab Band übereinstimmten. Schade, dass mein Fotoapparat keine Bilder mehr aufnehmen konnte.
Etwas später landeten Primo und ich im Gasthaus Le Ramoneur Savoyard, ohne zu wissen, wer ein ramoneur sei. Die Antwort gab uns dann der Dictionnaire und weitere Informationen fanden wir auf den papierenen Tellerunterlagen, den Tischsets.

Der Ramoneur ist Kaminfeger. Zur Zeit, als Savoyen noch nicht zu Frankreich gehörte, seien viele Kinder nach Paris ausgewandert. Dort wollten sie oder mussten sie Kaminfeger werden. Eine harte, undankbare Arbeit, denn jene, die sie anstellten, nützten sie aus. Sie wurden mager entlöhnt und vermutlich wie Sklaven behandelt. Die Arbeitgeber missbrauchten die jugendliche Konstitution und Kraft dieser Kinder. In der Schweiz kennen wir ebensolche Geschichten. Armut und Hungersnot und ein Leben ohne Perspektive brachten Eltern aus der Südschweiz damals dazu, ihre Kinder als Kaminfeger nach Mailand zu verdingen.
Von den Ramoneurs Savoyards weiss man offenbar, was ihnen half, die harten Bedingungen zu ertragen. Mit Singen. Singen auf den Dächern, in den Händen den Russ ihrer Arbeit und den Blick zu den Sternen gerichtet. So ungefähr habe ich den Text auf dem Tischset verstanden.

Diesen jungen Menschen ist das Gasthaus gewidmet. Es besteht seit 1990. Hier werden hochwertige Produkte von lokalen Produzenten verarbeitet. Hier haben wir eine liebevolle Kochkunst kennen gelernt. Und hier seien schon mehr als 30 Lehrlinge als Köche und Serviceangestellte ausgebildet worden. Ein Erfolg.

Aus einer umfangreichen Karte wählten wir Polenta und Saucissons. Polenta haben wir in Frankreich noch nie gegessen. Hier wurde diese Speise für jede Portion einzeln in einer kleinen, gusseisernen Schale gekocht und heiss mit Wärmeschutz-Handschuhen serviert. Separat die Saucissons in einer zu ihnen passenden, heissen Sauce. Und Brot zum Tunken. Sehr fein.

Dazu erwies sich das Amber-Bier als überraschende Ergänzung. Ein Mittagessen mit Geschichte. Das Dessert aus diesem Haus: Le voilà!

Dienstag, 12. April 2016

Provence- und Camargue-Reise / Fortsetzung

Ankunft Camargue

Es war ein emotionaler Moment, als ich realisierte, dass wir am Rand des Naturschutzgebietes in der Camargue angekommen waren. Die Foto entstand zufällig oder litt zu jener Zeit an einer Fehleinstellung, aber sie macht mir Freude. In Wahrheit kamen wir vor Sonnenuntergang am frühen Abend ans Ziel. Anderntags konnten wir an diesem Ort Flamingos auf ihrer Nahrungssuche beobachten.

La Grande-Motte, der Ort, wo wir in einem feinen Hotel erwartet wurden, erstaunte vom ersten Augenblick an. Die weissen Häuser in unserem Umfeld, vermutlich mehrheitlich Wohnhäuser, zeigen eine übergreifend einheitliche Architektur. Und trotzdem nahmen wir sie als Gesamtkunstwerk mit verschiedensten Formen und Details wahr.
Futuristische Architektur

Und dann der Yachthafen! Er gehört auch dazu. Fotos solcher Gestaltungen irritierten noch in den 60-er-Jahren. Man sprach von Futuristischer Architektur. Ich fragte mich damals, ob es noch Menschen seien, die solche Bauten wünschen und sie dann auch lieben. Und heute kann ich nur noch staunen. Die Hochkonjunktur ermöglichte ein solches Projekt. Und ermöglichte grundsätzlich, sich Ferien zu leisten und den eigenen Horizont zu erweitern.

Das Projekt war und ist gigantisch. Zuerst musste die Sumpfgegend entwässert und zu festem Land werden. Es trägt die Handschrift von Jean Balladur, der 30 Jahre seines Lebens für dieses Werk gearbeitet hat. Sein Bruder Edouard Balladur war von März 1993 bis Mai 1995 Premier-Minister der französischen Republik.

Der Besuch in Aigues-Mortes
Aigues Mortes

Aigues Mortes
Dieser Ort hat eine lange Geschichte, sei bis zum 16. Jahrhundert einer der bedeutendsten Verkehrsknotenpunkte gewesen. Ein Ort, 4-seitig von prächtigen Stadtmauern umgeben.
Man sollte ihn aus der Vogelperspektive anschauen können. Oben offen. Die Häuser verschachtelt, aneinander gebaut. Durch 10 Tore kann diese Stadt betreten werden. Ob man sie heute einfach als Ort oder als Dorf bezeichnet, ist uns nicht bekannt. Primo und ich schlenderten um alle 4 Mauern. Und traten dann in diese geschützte Welt ein. Da trafen wir auch auf kleine Läden und unverhofft auf die alte Kirche Notre Dame des Sablons. Sie hat uns sofort eingenommen. Ihr altes Gemäuer und farbige, Aquarell ähnliche Glasfenster aus der Gegenwart verstehen sich gut. Es ist eine Kombination, wie sie besonders den Franzosen gelingt, wenn sie spirituelle Atmosphäre vermitteln wollen.

Draussen, nicht weit von der Kirche weg, aber noch immer im Ort, entdeckten wir sympathische Gartenwirtschaften. Zufällig trafen wir dort unseren Chauffeur. Ihm konnten wir noch Weg zu den Salzsalinen weisen. Die weissen Salzberge hatten wir bereits entdeckt.

Ein anderer Ausflug führte uns zum Pont du Gard
Pont du Gard
Wir wurden zum weltweit höchsten römischen Aquädukt geführt.
Im dazugehörigen neu eingerichteten Museum konnten wir die Geschichte der Römer verfolgen. An Orten, die nach neuesten Erkenntnissen und in einem ebenfalls neuen Museumsgebäude dargeboten werden, könnte man stundenlang verweilen. Doch für den Besuch in der Gruppe muss man diesbezüglich bescheiden sein. Es beklagte sich mir gegenüber eine Mitreisende auf dem Rückweg vom Pont du Gard. Sie vermisste mehr Zeit zum Schauen, als zugestanden werde. Und besonders im Freien auf dem einmaligen Aquädukt hätte sie länger verweilen wollen. Es war wirklich ein spezieller Ort und die Landschaft, in der er sich befindet, etwas Kraftvolles.

Und wieder dachte ich an unsere persönlichen Erfahrungen. Ob wir mit der Bahn, dem Velo oder mit Freunden in ihrem eigenen Auto reisten, immer gab es auch Einschränkungen. Oft mussten wir uns nachträglich eingestehen, dass nicht immer alles Erträumte auch umgesetzt werden kann.

Wenn wir aber trotz allem zufrieden sind, mit dem was möglich ist, dann können wir uns trotzdem freuen.

Reise nach Nîmes
Nîmes Baustelle

Gute Ausfahrt, auch bei Regenwetter. Aber in Nîmes gab es Barrieren wegen Bauarbeiten an einer wichtigen Strasse. Es gelang dem Chauffeur nicht, uns möglichst nahe an die Arena hinzuführen. Schlussendlich parkierte er den Bus am Rand der Baustelle, die ihn gestoppt hatte. Nun fehlte uns allen die Orientierung. Niemand trug einen Stadtplan auf sich. Der Chauffeur verteilte aber für Personen mit Natel Kleber mit seiner Anrufnummer, damit man ihn erreichen könne, falls sich jemand von uns verlaufe.

Es verteilten sich die 30 Personen in 3 unterschiedliche Gruppen. Einige suchten ein einladendes Restaurant, andere versuchten, die Arena auf gut Glück zu erreichen. Auch Primo und ich. Als uns ein Herr mit frischen Baguettes unter dem Arm entgegen kam, sprach ich ihn an und fragte nach der Arena. Sofort anerbot er sich, uns ein Stück weit zu begleiten. Sie befinde sich in der Nähe. Als wir sie von weitem sehen konnten, kehrte er um. Sein Zuhause liege in der Gegenrichtung. Jetzt gehe er einfach wieder zurück. Wenn ich in Zukunft den Namen Nîmes höre, werde ich gewiss wieder an diesen freundlichen Wegweiser denken.
Arena Nîmes
Das Baukunstwerk haben wir gefunden. Es regnete. Der Platz um die Arena war unbelebt, kam aber seiner Majestät entgegen. Wir hatten dieses sehr alte Baukunstwerk schon öfters auf Fotos gesehen. Aber noch nie hat es uns so stark beeindruckt. Der Bau aus grobem Gestein, die Form vollendet.

Es fällt mir das Wort Hexenkessel ein, wenn ich mir das Publikum auf 34 Rängen mit mehr als 23’000 Plätzen vorstelle. Hier fanden Spiele, Hetzjagden, Kämpfe zwischen wilden Tieren, Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe statt.

Etwas früher als abgemacht, fanden alle Mitreisenden den Weg zum Bus zurück. Ganz in der Nähe befand sich ein Bistro. Davor sassen einige Männer, tranken hier Bier oder ihren Wein und beobachteten das Leben um sie herum. Sie beschäftigten sich offensichtlich auch mit uns, denn sie erkannten Primo und mich sofort, als wir die stillgelegte Strasse überquerten. Sie riefen uns zu: Die Copains (Kumpels) seien im Bistro. Ob es die Leute aus dem Schweizer-Bus seien? Mais oui! (Aber sicher!)

Die Atmosphäre in diesem Gasthaus war uns sofort sympathisch. Es sassen bereits 7 Personen aus der Reisegruppe an Tischen. Ihre Bestellungen wurden bereits ausgeführt. Durch ein offenes Fenster sah ich in die Küche und dort eine Frau konzentriert arbeiten. Primo und ich gaben unsere Wünsche auch bekannt. Später kamen noch weitere Mitreisende dazu. Der Wirt eilte davon, kam mit Broten und Kartoffeln zurück, derweil seine Frau oder Angestellte die Wünsche der Kundschaft sorgfältig umsetzte. Primo bestellte gleich ein Glas Pastis. Der Wirt strahlte den Schweizer an und zeigte Freude, dass dieses Apérogetränk aus der Provence auch in der Schweiz bekannt sei. Das Essen mundete. Primo lobte den Fisch und ich die gefüllte Omlette, die aussah, als hätte ich eine warme Speise in einem feinen Baumwolltuch verpackt erhalten. Dieses vermeintliche Tuch war Teil der Omlette. Dazu gab es für uns beide Pommes Frites der besonderen Art. Ein Gedicht.

Wie Primo sich die besondere Herstellung dieser aussergewöhnlichen Pommes Frites vorstellt:

Es werden Mittlelfinger lange, flache Streifen, 4—5 mm dick in 2,5 cm breite Scheibchen geschnitten und wie gewohnt fritiert.

Er hat festgestellt, dass sich die Kartoffelscheiben beim Fritieren seitlich aufgebogen haben. Es entstand ein Kanal mit einer bleichen Kartoffelmitte und einem braunen, knusprigen Rand.

Ich sagte zum Wirt, er hätte eine feine Küche. Und die Frites seien sensationell. Er strahlte. Primo hatte ihm gerade die Rechnung bezahlt und schob noch ein Trinkgeld zu ihm hinüber. Er rief herzlich laut: «Vive la Suisse!» Und ich als Antwort «Vive la France!»

Besuch in Les Baux de Provence

Eine eigenwillige Landschaft mit wildem Gestein, in dem viele urtümliche Gesichter zu entdecken sind. Auf einem erhöhten, beinahe 1 km langen und 200 m breiten Kalksteinplateau thront eine imposante Burgruine.

Das Dorf ist auf halber Höhe an den Felsenhügel gebaut. Die pittoresken Häuser und Gässchen mit ihren Geschäften und der Kirche Saint-Vincent ist eine Bilderbuchwelt. Man denkt sofort an die Geschichten von Marcel Pagnol.

In der Kirche Saint-Vincent konnte mir Primo zeigen, wie eine ursprüngliche Felsenhöhle in eine Kirche integriert worden ist. An diesem Ort fühlten wir uns seltsam wohl, verweilten lange, während andere Mitreisende den Weg zur Burgruine vorzogen.

Heimfahrt
Um auf die Autobahn zu gelangen, führten die Fahrten immer landwirtschaftlichen Feldern entlang. Wir konnten blühende Mandelbäume sehen, Felder mit Olivenbäumen bewundern, sich über grosse Baumnussplantagen wundern. Auch Spargeln, Melonen, Kartoffeln werden dort angebaut. Und an gewissen Hängen Reben. Ein landwirtschaftliches Paradies.

Dieses war den Menschen nicht einfach gegeben. Sie mussten die Sümpfe entsalzen und mit Süsswasser ausschwemmen, um den Humus für den landwirtschaftlichen Anbau abgrenzen und nützen zu können. Schon vor Jahrhunderten wurde solche Pionierarbeit in Angriff genommen.

Haben die Menschen aus dieser Region einen besonderen Schutzengel?

Engel Avignon
Wenn ja, so könnte es dieser sein…
Ich fotografierte ihn am 26. März 2016 in Avignon

Samstag, 9. April 2016

Im Bus ab Zürich bis zur Rhônemündung in Stes Maries-de-la-Mer

Die ausgeschriebene Carreise in die Provence & Camargue entsprach einem lang gehegten Wunsch. Da war einmal die Geschichte vom Ort Saintes-Maries-de-la-Mer und die ihr zugrunde liegende Legende, die uns anzogen. Aber auch die Rhône-Mündung zu erleben, das war sowohl für mich wie für meinen Mann ein begehrtes Ziel.
Rhône bei Avignon
Die Rhône kannten wir bisher nur bis zum Ausfluss aus dem Genfersee
Wir kennen ihre Quelle am Rhônegletscher, kennen sie unter dem Namen Rotte im Kanton Wallis und erlebten einmal in Genf ihren Zusammenfluss mit der Arve. Sie jetzt auf der Autofahrt nach Südfrankreich zu begleiten, war uns mehrheitlich verwehrt. In nur wenigen Momenten überraschte sie uns. Autobahnen befinden sich verständlicherweise nicht an alten Uferwegen. Eindrücklich aber in Lyon, da floss die Rhône in breitem Bett an uns vorbei. Und an einem andern Tag zeigte sie ihre Majestät auch in Avignon.
Schon am Tag nach unserer Ankunft in La Grande Motte stand die Fahrt nach Saintes-Maries-de-la-Mer für den ersten Ausflug im Programm.

Inzwischen hatten wir verstanden, dass sich die Rhône nördlich von Avignon in zwei Arme spaltet und dass wir in Saintes-Maries-de-la-Mer der kleineren, der Petit Rhône, begegnen werden.

Dieser weltberühmte Ort, bekannt durch die alljährlichen Zigeuner-Wallfahrten (Fêtes de Gitans), löst allein durch Fotos oder Filme grosse Faszination aus. Im Internet erzählen viele Bilder von den hier immer noch lebendigen, geschichtsträchtigen Traditionen.

Wir erlebten ihn als Alltag, aber auch als lebendigen Markttag. Schade, dass wir an diesem Tag nicht selber kochen mussten. Die reelle Nahrung aus der Erde, von gesunden Tieren, wie auch aus dem Meer sprachen für sich. Einige wenige farbige Textilien rundeten das grosse Angebot ab.
Kirche im Ort
mit Stein gedeckte Dachschräge
Die Kirche, die eine uralte Geschichte hütet, konnten wir nicht betreten. Wegen Renovation geschlossen. Aber zum Dach hinaufsteigen war gegen Eintrittsgeld möglich. Eine enge Wendeltreppe führt bis zum Dachgesims. Rundum begehbar. Auf der mit Stein gedeckten Dachschräge stiegen junge Leute zum First. Und schauten von dort her über den Ort und zum Meer. Als wir ankamen, turtelte ein junges Paar auf dem First. Primo und ich blieben auf der Dachgesims-Ebene, konnten dort über die Hausdächer schauen und das Meer ebenfalls erkennen. Uns faszinierte das Ortsbild mit seinen farblich einheitlichen Dächern. Beeindruckend die Individualität einzelner Häuser und gleichzeitig eine bejahende, geschlossene Einheit, die Zusammengehörigkeit ausstrahlt.
Dächer Stes Maries-de-la-mer
Die Geschichte, die den Saintes-Maries-de-la-Mer zugrunde liegt
Saintes-Maries-de-la-Mer


Von den Männern, die ihr Schiff TIKI III (Croisière en Camargue) betreuen, bekamen alle Reisenden leihweise eine Information, die den Ort, die Rhône, ihr Schiff und die Legende der erwähnten Heiligen Frauen beschrieb. Ich zitiere aus diesen Aufzeichnungen:

Das Dorf, das von der Festungskirche dominiert wird, wurde in Etappen vom 9. bis 11. Jahrhundert erstellt. Im Innern der Kirche befinden sich die Reliquien der schwarzen Sara, der Patronin der Zigeuner, sowie die heiligen Marien in ihrem Boot. Maria Salome und Maria Jakobe.

In der Antike war die Camargue eine Insel, die dem ägyptischen Sonnengott RA gewidmet war. Das Dorf Saintes-Maries wurde in der Nähe erbaut, wo sich die Stadt des Sonnengottes RA befand.

Unser Ort hiess erst Notre Dame de Ratis, dann Notre Dame de la Mer und trägt seit 1838 seinen heutigen Namen.

Die heiligen Marien, die man hier verehrt, sind aus dem Evangelium bekannt. Maria Salome und Maria Jakobe sind beide Mütter von Aposteln. Nahe verwandt mit der heiligen Jungfrau Maria, haben sie alles verlassen, um Christus zu folgen und mit dem grossen Wirken seines Lebens verbunden zu sein. Sie hielten mutig Wache am Fusse des Kreuzes und am Ostermorgen vor dem Grab wurden sie zu ersten Boten der Auferstehung.

Nach provenzialischen Erzählungen sind die heiligen Marien gekommen, um das Christentum in unsere Region zu bringen, und sie haben sich in der Nähe der Stadt des Sonnengottes niedergelassen. Tatsächlich waren sie Opfer der Verfolgung durch die Römer in Palästina. Maria Salome und Maria Jakobe wurden festgenommen, dann in ein Schiff gesetzt, das weder Segel noch Ruder hatte. Sie wurden von der Vorsehung geführt, um am Ufer der Camargue zu stranden.

Solche Geschichten sind uns plötzlich nicht mehr fern. Ich denke an die Bootsflüchtlinge aus unserer Zeit und vor allem an jene Menschen, die nicht geführt, nur dem Meer überführt worden sind.

Die Legende von den 3 Frauen, wie sie verfasst worden ist, gefällt mir gut. Sie spricht eine zeitgenössische Sprache. Ich habe sie für alle Leserinnen und Leser abgeschrieben, die wie ich, den Legenden einen emotionalen Wert abgewinnen können. Aus solchen Geschichten spricht die Seele, das Wesen oder auch das Schicksal eines Ortes und Volkes.
TIKI III
Rhônemündung ins Meer
Wir befanden uns da im Gebiet des Parc Naturel Régional de Camargue und fuhren mit dem erwähnten Schaufelraddampfer während 1 ½ Std. eine Schlangenlinie nach Le Bac du Sauvage und zurück. Der Hinweg gegen den Strom. Auf dem Rückweg vom Flusswasser unterstützt.
Camargue-Stiere
Auf halber Wegstrecke überraschten uns schwarze Stiere und weisse Pferde. Wir konnten zuschauen, wie sie am vorbeiziehenden Ufer hingeworfenes Fressen fanden und einer Reiterin auf einem weissen Pferd auf Kommando folgten. Eine Inszenierung für die Touristen. Ich hoffe, dass sie den Tieren gefällt.

Uns hat die Uferbewehrung gefallen. Viele umgefallene und liegen gelassene Bäume oder Teile von ihnen verhaften das Ufer. Geben ihm Halt. Und Schwemmgut gestaltet daran mit. Teile von einst stämmigen Bäumen wirken an diesem Ort wie Wächter oder Tiere. Ein Kunstwerk der Natur.
Letztes Wegstück kleine Rhône
Kurz vor der Rückkehr im TIKI III-Schaufelraddampfer, liess der Himmel einen Augenblick lang ein paar Sonnenstrahlen auf das letzte Wegstück der kleinen Rhône fallen. Sofort begann das Wasser zu glitzern. Es entstand eine vibrierende, goldene Stimmung, die ich mit einer Foto einfangen konnte. Das Meer war ruhig.
Mündungsgebiet Rhône
Möve schaut auf Mündung
Rhône angekommen
Kurze Zeit später, an der Mündung stehend, suchten wir nach Zeichen, wie sich Meerwasser und Süsswasser vereinten. Wir beobachteten feinste Schwingungen von zusammengestossenen Wellen und weisse, überschäumende Gischt. Es waren bewegende Momente, für die es keine Worte gibt.
Ein Lebenslauf war vollendet. Einer von unfassbar vielen.

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