Donnerstag, 21. Dezember 2017

Ein ungewöhnliches Weihnachtsbild

Als ich dieser Tage ein bestimmtes Stück Holz suchte, hob ich in unserer Werkstatt ein herumstehendes auf, das mich gleich elektrisierte. Es handelte sich um einen Abschnitt Akazie. Es lag noch herum, hatte den Werkstatt-Umzug überstanden, aber noch keine Heimat gefunden. Primo bewahrt solche Hölzer, die ihn bei der Arbeit angesprochen haben, gerne auf.
Sofort erinnerte ich mich, dass wir dieses Holz in Italien suchten und finden konnten. Primo hatte damals den Auftrag erhalten, einen bestehenden Kirchenraum umzugestalten. Er wählte Akazienholz, weil dieses den grün-goldenen Farbton ausstrahlt. Passend zum vorhandenen dunklen Nussbaum der Kirchenbänke. Eine ideale Kombination.

Obwohl diese Arbeit Jahrzehnte zurückliegt, erinnerte ich mich augenblicklich an viele Einzelheiten. Z.B. dass Primo verschiedenfarbige Hölzer aus allen Erdteilen in die Gestaltung mit einbezog. Um die Verbundenheit mit vielen Menschen anzusprechen. Das Holz wurde damals nicht als ein seelenloses Produkt behandelt. Es bekam eine Aufgabe. Ich habe seine Lebendigkeit in vielen Situationen kennen gelernt, weil ich erleben konnte, wie man mit dieser Materie umgehen muss, um ihr gerecht zu werden.

In unserer Bibliothek befindet sich aus jener Zeit eine Schrift, die von der MYTHOLOGIE DES HOLZES spricht. 1991 als Impulsprogramm vom Bundesamt für Konjunkturfragen herausgegeben.

Ich zitiere: «Seit es die Mythologie des Holzes gibt, ist die Menschheit mit Holz verbunden. Bäume waren Symbole des Lebens und des Glaubens, aber auch unerschöpfliche Quellen für Wärme, Behausung und Luxus. Holz begleitet uns heute noch durchs ganze Leben, es ist nicht mehr wegzudenken. Trotzdem haben wir den Wald entzaubert, haben Holz als banales, zweitrangiges Material deklassiert. Wir haben die Wahl, ob wir wieder zu ihm zurückfinden wollen. Aber wozu? Die Argumente dafür hat der Autor dieser Dokumentation zusammen gestellt. Sie sprechen vom seelischen Wohlbefinden in einer natürlichen Umgebung, vom Umweltschutz und Walderhaltung. Sie zeigen die faszinierenden Möglichkeiten, die im Baustoff Holz stecken. Sie überzeugen uns, dass im Holz die Zukunft liegt, und zwar eine realistische und ethische gleichermassen. Ein Lesevergnügen für alle, die einmal weniger über Technik, sondern zur Abwechslung mal über philosophische Zusammenhänge nachdenken wollen.»

Und jetzt komme ich auf das gefundene Stück Akazie zurück.

Es spricht mich als eine aussergewöhnliche Weihnachtsdarstellung an. Es ist ein geschenktes Bild. Von der Natur erschaffen. Hier wurde nichts von Menschenhand gestaltet. Es ist ein gewachsenes Bild. Ich sehe in ihm eine lichtvolle Gestalt und in ihr selbst ein Wesen, das aus ihr hervorgeht.

Da staunen meine Leserinnen und Leser vielleicht auch.

Und das klassische Weihnachtsbild mit Maria, Josef und Kind habe ich vom Weihnachtsmarkt in Ulm mitgebracht. Dieser vielseitige Mittelaltermarkt hat besonders Primo bezaubert. Hier konnte er mit Handwerkern sprechen, die ihre eigene, minutiöse Arbeit zur Schau stellten.
Und am Abend beim Eindunkeln sorgten «Die Kreuzmusikanten» (5 Bläser) vor dem Münsterportal für weihnachtliche Stimmung. Ihre Klänge zogen Jung und Alt an. Man stand da, ganz ruhig und liess sich von den berührenden Klängen aus dem Alltag wegtragen. Zur Weihnacht hin.
Aus der Engelgasse grüsse ich alle meine Leserinnen und Leser und wünsche überall frö-ööh-liche Weihnacht.

Mittwoch, 13. Dezember 2017

Von dunkler Nacht umgeben

Wir erwarteten einen Gast. Als es um 17 Uhr schon eindunkelte, war ich besorgt, ob er uns finde. Wohl ist unser Hauseingang am Abend beleuchtet, doch die vielen Namen am Tableau sind schlecht lesbar. Wie soll er uns auch finden können?
Es traf sich gut: Ich konnte die Zeitungsbündel für die Papierabfuhr zu den Containern tragen. Einen nach dem andern. Langsam hin und her, ohne frieren zu müssen. Und dann kam K. bei uns an.
Nur darum, weil ich mich um den Besuch kümmerte, dachte ich einmal darüber nach, wie schnell ich mich in eine Art Blase zurückziehe, sobald der Himmel schwarz geworden ist. Eine Weile können Nachbarn dann noch in unsere erleuchtete Wohnung hineinschauen. Aber bald danach schliessen die Rolläden den persönlichen Raum ab.

An jenem Abend wurde mir klar, dass ich mir gar nicht bewusst bin, wie schnell ich bei Sonnenuntergang sofort das elektrische Licht anzünde. Und gleich danach in die Küche gehe und dort für das Abendessen sorge. Da befinde ich mich dann in einer Art Blase, im Zuhause meiner eigenen Welt.

Eine Woche später wiederholte sich dasselbe Problem. Jetzt wollte ein Kunde vorbeikommen und einen Plan abholen. Er nannte einen ungefähren Zeitpunkt und meldete, dass er pressant sei. Und wieder wollte ich dafür sorgen, dass der Zugang zu uns leicht erreichbar sei.

An jenem zweiten Abend musste ich mir etwas anderes einfallen lassen. Es gab jetzt keine Zeitungspakete für die Papierabfuhr. Darum richtete ich mich im gläsernen Windfang ein. Warm angezogen und auf einem mitgebrachten Stuhlkissen auf einer Mauer sitzend, erwartete ich den Kunden. Und lernte zwischendurch heimkehrende Mitbewohner kennen. Namen kenne ich nicht. Ein junger Mann sah mich ganz besonders kritisch an und obwohl er keine Frage stellte, antwortete ich auf seinen fragenden Blick: «Bestellt, aber noch nicht abgeholt…»
Wir schmunzelten beide.

Und während ich so wartete, fiel mir ein, dass ich offensichtlich im Dezember nur selten ausser Haus bin, wenn die Sonne schon untergegangen ist.
Mit solchen Gedanken beschäftigt, zünde ich gleich noch Kerzen an, als ich in unsere Wohnung zurückgekehrt bin und stelle sie in den Eingangsbereich. Und auch da vollzieht sich dann beim Eintreten der Zauber von Dunkelheit und Licht. Primo schätzt solche Überraschung.

Montag, 4. Dezember 2017

Jetzt ist in Zürich-Altstetten der Samichlaus wieder unterwegs

Wie Jahre zuvor, trafen am vergangenen Samstag 6 oder 7 Chlauspaare (Samichlaus und Schmutzli) zu einer Feier in der Kirche Heilig Kreuz in Altstetten ein. Viele Kinder waren gekommen, um den Zauber von Sankt Nikolaus auch dieses Jahr wieder zu erleben. Die Feier wurde von Laien gestaltet. 3 Kinder füllten mit ihrer feinfühligen Musik den grossen Kirchenraum. Ein kleines Mädchen und ein nicht viel älterer Bueb spielten Geige, ein etwas älterer Knabe Klavier.

Und mit Begeisterung wurden kindergerechte Lieder gesungen.

Diese von Laien mit den Kindern gestaltete Feier signalisierte die Aussendung der Chlauspaare für ihre Besuche in der Pfarrei. Die Kinder durften dabei behilflich sein. Sie überreichten den einzelnen Chläusen den Stab und ein goldenes Buch. Und die Schmutzlis bekamen Laternen.

Ich verstand diese Gaben als Symbole. Die Geschichte soll weiter bewahrt und erzählt werden. Darum der Stab als Autorität, die Laternen als Wegweiser und Lichtbringer. Und der helle Klang der Glöckchen grosse Freude.

Auf dem Heimweg sinnierte ich über die erlebte, kindergerechte Feier und ich fragte mich, wer was aus ihr bewahren kann.

In meiner Familie besuchte uns der Samichlaus nur ein einziges Mal. Am 6. Dezember stellten wir jeweils alle einen Schuh vor unseren Ofen. Meist nach dem Nachtessen waren sie dann gefüllt. Der Chlaus war da! Scheinbar unsichtbar.

Nach der Ansicht von uns Eltern ging es Primo und mir darum, eine Überraschung zu spielen. Dem Geheimnis einen Raum zu geben.

Natürlich ahnten unsere Töchter eines Tages, dass das ein Spiel sein muss. Und sie versuchten, uns zu beobachten und hinters Licht zu führen. Der Altersunterschied der beiden ist 6 Jahre. Die Ältere konnte sich gar nicht mehr recht freuen. Und die jüngere sorgte sich um den Klaus. Sie fragte mich einmal, dass ihr aufgefallen sei, dass unser Ofen, den wir mit Holz und Kohle heizten, immer noch starke Wärme ausstrahle. Sie fragte besorgt, wie könne der Klaus, von dem erzählt werde, dass er durch den Kamin ins Haus gelange, uns seine Gaben bringen…
Der persönliche Samichlaus besuchte uns nur einmal. Die Grosseltern waren an diesem Abend bei uns zu Besuch. Da polterte es plötzlich an unsere Fensterläden. Alle horchten auf, liessen Gespräche versanden. Letizia hatte sogar den Schatten vom Bischofstab an unseren geäzten Fensterscheiben entdeckt. Oha! Sie beteuerte, keine Angst zu haben, stand aber wie angewurzelt da. Eine Weile nur, dann sagte sie sehr bestimmend: Papi und ich gehen an die Tür. Der Vater an der Hand des Kindes oder umgekehrt? Letizia war gut vorbereitet. Sie trug Verse auf, sang Lieder und spielte ihre selbst komponierte Melodie. Der Klaus freute sich, dass sie ihn nicht fürchtete.

Er wurde auch beschenkt. Primo holte eine Flasche Wein mit dem Namen «Himmelsleiterli-Wy» aus dem Keller und übergab ihn dem Samichlaus, auf seinen Heimweg deutend. Dieser muss aber eher an die Leiter Richtung Ewigkeit gedacht haben, denn er antwortete, es sei wohl besser, er trinke ihn noch vorher.

Mein Schwager P. spielte an diesem Abend die Rolle von St. Nikolaus. Letizia erkannte ihn nicht, sagte aber später, er sei ihm ähnlich. Von mir wollte sie noch wissen, über wie viele Berge er gehen müsse, bis er zu Hause ankgekommen sei.

Sankt Nikolaus ist der Heilige, der Samichlaus sein Vertreter.
Oft sprechen wir auch nur vom Klaus oder Chlaus.

Einer meiner Blogs aus dem Jahre 2005 zum Thema Samichlaus:
Der unbekannte Samichlaus an der M-Kasse im Kreis 5