„Botanica Indiana im Botanischen Garten von Zürich“:
Für diese Ausstellung wirbt ein geschmackvolles Plakat. Mit Hinweisen
auf indianische Pflanzenwelten. Die getrockneten Pflanzenäste, die in
der kultischen Tischplatte stecken, wirken auf mich wie Antennen. Ich
meine sogar, Räucherdüfte wahrzunehmen. Die Werbung funktioniert. Ich
fühle mich angesprochen.
Als Stadtbewohnerin mache ich eine wichtige Erfahrung. Ich besuche
eine Ausstellung und erwarte indianische Heilpflanzen, die blühen – und
finde sie nicht. Wegen der bis anhin eher kühlen Witterung könnten
südamerikanische Pflanzen erst jetzt ins Freie versetzt werden, sagt mir
eine Gärtnerin. Darum sehe ich jetzt hauptsächlich Grün. Ich bin keine
Botanikerin, erkenne Pflanzen nicht an ihren Blättern oder Stängeln.
Wenn ich in der Stadt eine Ausstellung besuche, kann ich meist alles
vorfinden, worauf in einer Einladung oder in einem Prospekt hingewiesen
wird. Beschämt stelle ich nun fest, dass Pflanzen doch ihren eigenen
Gesetzmässigkeiten folgen müssen und sich nicht nach Kalendern von
Menschen richten. Ich bin zu früh gekommen, aber nicht zu früh für einen
Rundgang in diesem schönen Gelände mit seinen Beeten, Wegen, Sümpfen,
Steinplätzen und bestandenen Bäumen. Ich kann viele herausragende
Informationen zu indianischen Heilpflanzen lesen, doch bleibt wenig
haften. Ich spüre, die Pflanzen müssen sich mir selber offenbaren. Worte
sind zwar wichtige Hinweise, aber nicht die Hauptsache. Das heisst,
dass ich mehrmals zurückkommen soll.
Es ist still. Ich bin allein da. Es ist noch früh, erst halb 8 Uhr.
So lasse ich jetzt einfach den Morgen auf mich wirken. Und ich werde
aufmerksam auf die aus Ostafrika stammenden Kapkörbchen. Sie stehen in
Gruppen, einige aber auch verstreut und allein auf weiter Flur. Und alle
bieten der Sonne Richtung Osten ihre offenen Kelche dar. Wie
Parabolantennen sind sie auf eine ferne Welt ausgerichtet und offenbar
mit ihr im Austausch. Was vermitteln sie und was empfangen sie? Teilen
sie dem Universum vielleicht etwas über uns Menschen mit? Das wüsste ich
gern. Als ich einige Tage später wieder hierher komme, ist es
Nachmittag und die Kapkörbchen schauen nach Süd-Westen. Sie folgen der
Sonne.
Beim Garten-Ausgang Richtung Hegibachplatz ist eine Auflistung vieler
Krankheiten und, zu ihnen gehörend, die Namen indianischer Heilpflanzen
zu sehen. Ich staune über die Fülle. Ich wunderte mich schon vorher
über einen Hinweis beim Stachelmohn. Mit ihm linderten oder heilten die
Mayas die Migräne. Ist sie demzufolge keine Zivilisationskrankheit der
gehetzten europäischen Moderne?
Die Auflistung zeigt mir, dass Krankheiten in allen Erdteilen
auftauchen, dass Menschen Lebewesen mit Stärken und Schwächen sind. Ihre
Gesundheit ist nichts Statisches, sondern labil. Sie braucht unsere
Sorge und das Bemühen um Balance. Heilpflanzen wollen uns dabei
unterstützen. Erfreulich der Hinweis aus dem Leseheft dieser
Ausstellung: „Viele überlieferte Äusserungen von Indianern wurden
früher von Ärzten und Botanikern als Aberglaube und Zauberei abgewertet.
Je tiefer die Forscher jedoch in die verborgenen Zusammenhänge auf
allen Wissensgebieten Einblick erhielten, desto mehr Sinn bekamen zu
ihrer Verblüffung die indianischen Erkenntnisse.“ Endlich!
Diese Ausstellung mit den Themen Heilpflanzen, Färbepflanzen,
Kultpflanzen, Nahrungspflanzen, dauert bis Ende Oktober 2005. Es gibt
viel zu entdecken. Siehe auch Themenprogramme unter „Agenda“ und weitere
Teile des Gemeinschaftsprojektes in der „Sukkulenten-Sammlung“ und im
„Nordamerika Native Museum“.
Ergänzend ist ein schönes, so genanntes Leseheft erschienen. Zu
beziehen im Café des Botanischen Gartens. Dieses und auch die
Gewächshäuser sind jeweils ab 9 Uhr offen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen