Freitag, 18. Mai 2018

CARPE DIEM – geflügeltes, lateinisches Wort

Es wird allgemein leicht variiert verstanden.
Pflücke den Tag, geniesse den Tag, nütze den Tag.

Wenn ich jeweils an diesem Ort vorbeikomme, freue ich mich jedes Mal an der kühlen Schönheit des Brunnens, der zwischen den Backsteinwohnungen Mittelpunkt sein darf. Manchmal treffe ich ihn in Gesellschaft mit Schattenbildern und wenn der Wind noch dazu kommt, sehe ich am Boden die Tänze der Baumblätter.

Heute traf ich den Brunnen aber im eigenen Fotoarchiv. Mit derselben Ausdruckskraft, mich ansprechend wie fliessendes Wasser. Und sogleich erkannte ich für mich den ruhigen Tag, den ich mit Erinnerungen geniessen kann.
www.intarsien.de

Ende April wurden wir im deutschen Koblenz erwartet. Freunde wollten uns an Orte führen, die wir allein kaum erreicht hätten. Andererseits wünschte sich Primo, nochmals nach Mehrmut zu kommen. Dort befindet sich das Intarsienmuseum und die Schule von Heinz Echtermann und Corinna Schmeisser. Es wurde ein herzliches Wiedersehen. Das intarsienmuseum und die dazugehörige Schule haben sich mächtig entwickelt. Unsere Freunde staunten. Sie kannten die «Welt voller Märchen und Wunder» noch nicht. So benennt Heinz Echtermann das Holz. Noch immer entlockt er diesem lebendigen Material zauberhafte Bilder.

Auch am weiten Himmel entstanden lebhafte Bilder. Auf heiterem Blau spielten Wolkenfrachten ihre Ausfahrten. Da befanden wir uns im Gebiet der Eifel, einem grossartigen Mittelgebirge gegen Belgien und Luxemburg hin. Zur Zeit unserer Reise blühte der Raps. Sein Gelb malte viele Felder aus. Primo zeichnete nach der Heimkehr aus dem Erlebten seine persönliche Erinnerung.

Ebenfalls in der Eifel gefunden: Die Bruder-Klaus-Kapelle, die vom Schweizer Stararchitekt Peter Zumthor im Auftrag der Bauernfamilie Scheidtweiler aus Wachendorf gestaltet worden ist. Wir hatten schon vor einiger Zeit Publikationen über Zumtors Meisterwerk gelesen, hätten den Weg ohne Auto dorthin kaum angetreten und den Ort vielleicht gar nicht gefunden.

Bruder Klaus wird oft als Landesvater der Schweiz verehrt. Er gehöre aber allen, heisst es in unserem Land, auch wenn er von der katholischen Kirche heilig gesprochen worden ist. Sein Leben als Eremit ist von Visionen gekennzeichnet. Er soll zwanzig Jahre ohne Speis und Trank gelebt haben. Er war ein Mahner, wies den Weg zum Frieden.
Zum Andenken an diesen Menschen ist in Deutschland eine aussergewöhnliche Feld-Kapelle erbaut worden. Als wir sie von weit her erkannten, erschien uns der Bau wie ein riesiger Kasten, einfach so ins Feld gestellt. Mit keinem Bezug zur Natur oder zu Menschen. Doch je näher wir diesem Gebäude kamen, desto näher kamen wir auch Bruder Klaus. Sah ich im vierkantigen Gebäude zuerst nur etwas Eckiges, eröffnete mir dann der innere Weg eine andere Welt. Ich ging allein voraus. Sobald ich dem schmalen, leicht schlangenförmigen Weg folgte – etwas anderes war gar nicht möglich - waren alle harten Ecken verschwunden. Der Weg führte mich ohne Voraussicht ins Innerste. Ich ging ihn, weil er mich führte und landete dann in der Mitte. Das Licht, das von oben im offenen Rund die Kapelle beschien, war das Sonnenlicht. Das dachlose Gebäude wurde vom Himmel erhellt. Der Innenraum war mit 112 Fichtenstämmen geformt worden. Wie wir später lesen konnten, sei diese Baumkonstruktion mit Beton umgossen und drei Wochen lang durch ein Köhlerfeuer getrocknet worden. Dann wurden die Bäume von oben her aus der Öffnung gezogen. Und in dieser Mitte, die zum Licht nach oben führt, fühlte ich mich abgehoben, nicht zu Hause, aber auch nicht in der Fremde. Das Licht von oben wies den Weg. Erst als ich es fotografiert habe, las ich auf dem Rückweg «Fotografieren verboten». Entschuldigung.
Der Turm ist übrigens von allen Seiten mit Glashalbkugeln bestückt. Diese stecken in den Vertiefungen, die das Verschalungsgerüst hinterlassen hat. Sie bilden eine Art Sternenhimmel.
www.feldkapelle.de

In Schleiden, im Garten vom Kloster Steinfeld, durchwanderten wir auch noch das grosse Labyrinth. Unsere Freunde hatten noch keine Gelegenheit, je ein Labyrinth zu betreten. Das erlebte Modell führt auf immer demselben Weg in die Mitte und auf ihm wieder aus ihr heraus und an den Anfang zurück. Man konnte sich nicht verirren. Es gab nur diesen einzigen Weg und er schenkte die Sicherheit, dass er uns sowohl zur Mitte, wie auch wieder an den Eingang zurück führen werde. Ein Symbol des Lebens. Andere Labyrint-Formen verlangen Entscheidungsfreudigkeit und können auf Irrwege führen. Wir freuten uns, dass der Erstlingseindruck für unsere Freunde so positiv erlebt werden konnte.
www.kloster-steinfeld.de

Als Abschluss unserer Reisen erlebten wir dann in Andernach noch den höchsten Kaltwasser Geysir der Welt. Um zum Geysir zu gelangen, wird man mit dem Schiff zur Halbinsel Namedyer Werth gefahren. Zuvor besuchten wir noch das Geysir-Zentrum, wo die Reise zuerst unter die Erde führte. Danach konnten wir eine 15-Minuten dauernde Schifffahrt auf dem Rhein erleben, um zum Naturschutzgebiet Namedyer Werth zu gelangen. Dort erlebten wir den Geysir Andernach. Andächtig standen wir alle da, schauten zu, wie die Fontäne majestätisch zum Himmel stieg.
www.geysir-andernach.de

Und jetzt will mein Text und die dazugehörigen Bilder noch erzählen, dass die Zusammenfassung wirklich zum CARPE DIEM geworden ist.

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