Donnerstag, 15. Dezember 2016

Nochmals in Neuwied
Besuch im Herrnhuter-Viertel

Nochmals wurde uns ein Wunsch erfüllt. Wir durften den Ort der Herrnhuter Brüdergemeine kennen lernen. Er befindet sich in einem eigenen Karree, das den lauten Verkehr abweist. Eine Oase. Eine architektonische Schönheit, die Ordnung und Geborgenheit vermittelt.
Der Name Herrnhut bedeutet «der Hut des Herrn».
Herr C. erwartete uns, begrüsste uns draussen im Hof und lud uns in den Gebets-Saal ein. Drinnen erklärte er, dass wir durch den Eingang für die Männer eingetreten seien. Der gegenüberliegende Eingang gehöre den Frauen. In dieser Gemeinschaft sei man einander Bruder und Schwester und sage sich Du.

Und er erzählte von seinen Aufgaben als Vorsteher der Herrnhuter Gemeine und dass dieses Amt immer eine Berufung sei. Man könne sich dafür nicht bewerben. Schon seinem Vater sei es übertragen worden.
Er zeigte uns einen historischen Prospekt der Stadt Neuwied am Rhein. Und sagte dazu, Neuwied sei bis in unsere Tage ein Zufluchtsort für Glaubensflüchtlinge. Er wies in diesem alten Stadtbild auf das linke noch nicht verbaute Karree hin, auf dem bereits die Kirche dargestellt ist. An diesem Ort führten wir gerade das Gespräch mit ihm. Links im Plan markiert: Anbau der Evangelischen Brüder Gemeine.
Mich packte diese historische Darstellung wegen seiner überschaubaren Anordnung, aber auch wegen seinem perfekten Kupferstich.

Einer Schrift über diese Brüdergemeine in Neuwied entnehme ich die folgende Zusammenfassung:

Alte und Erneuerte Brüder-Unität
Die Evangelische Brüdergemeine hat ihren Ursprung in der böhmischen Reformationsbewegung. Anhänger von Jan Hus gründeten im 15. Jahrhundert eine eigene Kirche, die Brüder-Unität. Im Zuge der Gegenreformation wurden ihre Mitglieder verfolgt, die Gemeinden existierten nur im Untergrund weiter. Letzter Bischof der Brüder-Unität war der bekannte Theologe und Pädagoge Johann Amos Comenius.
1722 fanden aus Mähren vertriebene Nachkommen Zuflucht auf dem Gut des sächsischen Grafen Zinzendorf. Unter der Leitung des pietistisch geprägten Grafen gründeten sie Herrnhut, die erste Gemeindesiedlung der Neuen Brüder-Unität.

Über die Flüchtlinge wird berichtet, dass sich im Jahr 1750 die ersten 40 Herrnhuter Glaubensflüchtlinge auf Einladung des Grafen J.F. Alexander von Wied hier ansiedelten. Sie erhielten 1756 in einer «Generalkonzession» Religions- und Gewerbefreiheit. Die Gemeinde wuchs rasch. 1761 zählte sie über 200, im Jahr 1783 bereits über 400 Mitglieder. Ein zweites Karree wurde gebaut und der heutige Kirchsaal eingeweiht.

Es entwickelte sich reges Gewerbe. Und in dieser Zeit blühte das Unternehmen von David Roentgen. Im Unterschied zu seinem Vater Abraham soll sich der Sohn nicht in erster Linie zum Handwerksmeister, sondern zum erfolgreichen Geschäftsmann entwickelt haben. Heute staunen wir, dass Roentgenmöbel erhalten geblieben sind und ein Museum füllen.

In diesen Tagen wird, wie jedes Jahr, auch wieder nach dem Herrnhuter-Stern gefragt. Weltweit ist er bekannt. Und speziell auch für Kirchenräume beliebt. Ich stelle mir vor, dass dieser besondere Stern das Weihnachtsfest darum verschönert, weil er die Familien aus der Herrnhuter Gemeine mit ihrer Herkunft verbindet.

Herrnhutter Sterne: www.herrnhuter-sterne.de
Die Geschichte des Herrnhutter Stammhauses: www.herrnhuter-sterne.de
Die Geschichte des Herrnhuter-Sterns: www.sterne-shop.de

Uns stellte sich in Zürich ein evangelisch-reformierter Pfarrer als Herrnhuter vor. Sein Sohn besuchte die gleiche Primarschulklasse wie unsere Tochter Letizia. Ich erinnere mich an ein Weihnachtsspiel, das er für das Schweizer Radio gestaltet hat. Das ist aber auch bald 50 Jahre her. Solche Kontakte erweitern die Sicht zu andern Konfessionen, zu ihren religiösem Verständnis, ihren Eigenheiten und spirituellen Schätzen. In diesem Sinn freuen wir uns, dass wir in Neuwied offene Türen vorgefunden haben. Sowohl ins Museum wie auch ins Herrnhuter-Viertel und in ihre Kirche.
Zum Abschluss unseres Besuches verwies Herr C. noch auf das Andachtsbuch Die LOSUNGEN, Gottes Wort für jeden Tag.

Die aufgeführten kurzen Texte (Bibeltexte, Gebete) sind je einem Tag zugeordnet. Sie entstammen einer Idee von Nikolaus Ludwig Zinzendorf, Graf von Zinzendorf. Er wollte den Menschen kurze, christliche Leitsätze vermitteln, um ihnen zu helfen, den Alltag zu meistern. Die Ausgabe für 2016, die ich mitgenommen habe, ist die 286. Ausgabe. Ein Taschenbuch.

Im Internet sind Informationen zum Thema Losungen abrufbar. Es wird dort auch erklärt, wie die Texte ausgewählt werden. Zum wesentlichen Teil durch das Los.
Losungen www.losungen.de
Losungen werden erklärt www.losungen.de

Wir baten den Vorsteher, uns die Losung jenes Tages zu lesen. Er machte das gern und wir freuten uns. Als wir uns verabschiedet hatten, sagte jemand von uns: Das war eine Sternstunde.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen