Als Einstieg ins obige Thema empfehle ich unserer Leserschaft Walter Hess‘ Blog
vom 29.5.2007. Er beschrieb seine Begegnung mit den Kristallen schon
damals im Abschnitt „Die Riesenkristalle aus dem Planggenstock“. Mein
Aufsatz soll eher dem gefühlsmässigen Erleben eines solchen
Ausstellungsbesuches gelten und den seinen ergänzen.
Als die beiden erfolgreichen Strahler Franz von Arx und Paul von Känel
mit ihren sensationellen Kristallfunden aus dem Planggenstock oberhalb
der Göscheneralp an die Öffentlichkeit traten, war das auch in den
Tageszeitungen von Zürich zu lesen. Primo machte mich damals
aufmerksam. Wir staunten, was da in jahrelanger Suche und mühevoller
Arbeit aus dem Berginnern ans Licht geholt worden war, ohne zu ahnen,
dass wir diese Schätze einmal sehen würden.
Auf einer Eisenbahnfahrt nach Erstfeld erhaschten wir dann zufällig
die entsprechende Reklame auf einer Plane, die auf die Ausstellung
hinwies. Sie war ebenfalls riesengross und an der Alten Kirche in
Flüelen aufgehängt. Vorbei! Wir sassen im Zug und dieser hielt hier
nicht an. Weggewischt auch sofort die Gedanken daran. Wir hatten ja
schon ein Ziel für diesen Tag.
In Erstfeld dann zog Primo, beinahe wie von Geisterhand geführt,
ein Papier aus dem Prospektständer, als wir den SBB-Schalterbereich
durchquerten. „Das interessiert dich!“ sagte er dazu, ohne den
Text gelesen zu haben. Mittlerweile kenne ich solche Impulse, die seinem
Bauch entspringen und immer richtig sind. Das Papier „Eine Weltsensation – Riesenkristalle aus der Göscheneralp“
gab uns dann auch alle Hinweise zur Ausstellung in Flüelen. Sie war
auch an diesem Tag geöffnet und präsentiert die Schätze noch bis zum 28.
Oktober 2007 täglich von 10 bis 18 Uhr.
Einen Rundgang durch Erstfeld liessen wir aber nicht aus. Später
fuhren wir im Postauto nach Flüelen. Und schon standen wir vor der Alten
Kirche, ohne sie gesucht zu haben.
Der Kirchenraum nimmt sich zugunsten der Ausstellung von Mutter
Erdes Schätzen ganz zurück. Er stellt nur seine schützenden Mauern zur
Verfügung. Die Inneneinrichtung ist neu und auf die Ausstellung bezogen.
Das Licht gedämpft, schützt die Exponate und verweist uns auf die
Dunkelheit in der Erde.
Die Augen müssen sich zuerst an die veränderten Lichtverhältnisse
gewöhnen. Das ist gut so. Auf diese Weise fördern die
Ausstellungsmachenden unser ruhiges und rücksichtsvolles Ankommen.
Ich habe schon viele Ausstellungen gesehen, aber noch nie eine ohne
erläuternde Namen, Titel, Texte oder Nummern. In Flüelen wird einzig
darauf hingewiesen, dass die Kristalle in Millionen von Jahren in der
Stille gewachsen seien. Wir sollen ihnen diese weiterhin gönnen.
Gerade wegen fehlender Worte oder Zahlen fanden wir leichten Zugang
zu diesen uralten Wesen. Wer nicht lesen muss, kann schauen und sich
dem Gegenüber öffnen. Da findet dann ein Austausch auf der Gefühlsebene
statt. Es ist mir aufgefallen, dass alle Anwesenden sehr lange ruhig und
ehrfürchtig und in sich versunken vor den einzelnen Naturschönheiten
stehen geblieben sind. Wir alle erlebten und schauten mehr, als wir
jetzt in Worten ausdrücken können.
Jede Kristallgruppe, jeder einzelne Kristallzapfen, schien sich am
Licht zu freuen. Sie strahlten und gaben sich auch den prismatischen
Lichtbrechungen hin. Wunderschön die Regenbogenfarben je nach
Kristallqualität.
Elektrisches Licht unterstützte die Ausstrahlung. Da von unten her
und ins Innere der Gruppe zündend, dort auf die Oberflächen und Kanten
verweisend. Plötzlich verstand ich, warum Mineralien- und
Kristallsucher Strahler genannt werden.
Der Film, der Szenen auf der mühseligen Schatzsuche zeigt, rundete
dann unseren Besuch bei den Riesenkristallen ab. Als wir ins Freie
traten, rieben wir uns die Augen. Und wir schickten den Männern einen
Dank. Ihre Aufwendungen körperlicher, materieller und zeitlicher Art
müssen unermesslich sein. Im Laufe des Tages kamen wir immer wieder auf
das Geschaute zu sprechen. Uns berührte besonders auch die Behutsamkeit
der Männer, wie sie die Kristalle ins Freie brachten und dafür sorgten,
dass sie vom Sonnenlicht nicht erschreckt wurden.
Im Halbschlaf dann, wieder zu Hause, erschienen mir die Kristalle
nochmals vor den inneren Augen. Dort wirbelten sie umher und hüllten
mich in ein lachsfarbenes, von Gold durchtränktes Licht, bevor sie, auch
müde geworden, in meinem Erinnerungsschatz versanken.
Das ist sicher: Der Aufenthalt in der Umgebung von Jahrmillionen
alten Kristallen bewegt. Üblicherweise werde ich wegen meines
geschwächten Rückens an Ausstellungen rasch unruhig und schnell müde.
Hier war das anders. An diesem Ort wurde ich gestärkt.
Entstammen solcher Ausstrahlung vielleicht jene Kräfte, die
Menschen früherer Kulturen erkennen und nutzen konnten und die ihre
Kultplätze danach ausrichteten? Und Strahler, sind es Menschen mit einem
ausgeprägten Instinkt und im Banne dieser Kräfte? Die Antwort wissen
nur sie selbst.
Zur Ausstellung ist die sehr ansprechende Schrift „Riesenkristalle“ erschienen. (CHF 5.–), in der auch Informationen zum Strahlerwesen zu finden sind (Gamma Druck + Verlag AG, CH-6460 Altdorf).
Im Vorwort wird Dr. Beda Hofmann, Konservator am Naturhistorischen Museum in Bern, zitiert. Er bezeichnet den Fund als weltweit einmalig.
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