Dienstag, 20. Juni 2017

100 Fragen möchten beantwortet werden

Heute entnahm ich dem Briefkasten einen dicken Briefumschlag, Absender PRO SENECTUTE Kanton Zürich.

Es wurde mir eine Publikation zum 100 Jahr Jubiläum dieser Fach- und Dienstleistungsorganisation für das Alter zugestellt. Die dicke Post enthielt ein fein gestaltetes Büchlein, ein Geschenk, das Denkanstösse vermitteln soll.

Buchstaben, Worte, gedruckte Gedanken wecken immer mein Interesse. Ich begann sofort zu blättern und zu lesen. Jede der 100 Seiten präsentiert eine Frage rund ums Alter.

Jeder Satz steht allein da, kommt zur Geltung. Es sind Fragen, die nicht nur alte Menschen stellen. Fragen auch, die weit in die Zukunft verweisen, die wir heute ehrlicherweise nicht beantworten können. Es sind zum Teil sorgenvolle Gedanken.

Wie lange haben wir noch sauberes Trinkwasser?
Existiert noch Regenwald, wenn meine Enkelinnen pensioniert sind?
Wann genau war die gute, alte Zeit?
Wird es auf der Welt irgendwann gerechter sein?
Und zur Frage 1 lese ich: Wie geht es mir heute?

Dieser erste Satz liess mich sofort an Nora, die 11-jährige Enkelin, denken. Immer wenn sie uns schreibt, beginnt ein Brief mit dieser Frage:

Liebes Grosy oder lieber Gropi
Wie geht es Dir?
Mir geht es gut.


Wie schön, dass das Wohlbefinden sowohl für die Grosseltern wie für sie selbst wichtig ist und darum am Anfang des Briefes steht. Darum geht es ebenfalls der Organisation PRO SENECTUTE, die 1916 als Hilfswerk gegründet wurde. Sie darf heute auf wertvolle Hilfe zurückschauen.

Ich werde das erwähnte Büchlein bei einer Gelegenheit den Enkelinnen zeigen und nach Antworten von ihnen fragen. Diese sind für sie ebenfalls wichtig.

Z.B. Was heisst «vergänglich?»
Was ist mir egal?
Trinke ich täglich genug Wasser?
Wird das Gute gewinnen?

Ich hoffe, dass wir dafür Zeit haben, wenn sie nächstes Mal bei uns sind.
Dieses Büchlein ist anregend. Aus meiner Sicht können einige Fragen bis ans Lebensende nicht beantwortet werden. Aber die Gedanken um sie herum, sie sind wertvoll und geben uns Auskunft, wie und wo wir im Leben stehen.

Wie geht es Ihnen?
Diese Frage geht auch an mich.

Es geht mir immer sehr gut, wenn ich auf Schlierenberg durch den Friedhof spaziere und von der Anhöhe her die Aussicht geniesse. Das habe ich heute Nachmittag getan. Es ist ein friedlicher Ort, die Luft rein, der Wald nahe. Die Wege gut begehbar. Spaziergänge reinigen hier die Unruhe im Herzen. Oft habe ich diesem Ort schon ein Lob gesungen.

Als Primo und ich vor 9 Jahren an diesen Stadtrand umgezogen sind, entdeckten wir bald das Friedhofgelände Eichbühl und befreundeten uns mit ihm. Der Ort am Waldrand: wunderschön. Das schlichte Gemeinschaftsgrab mit seinen jungen Kischbäumen feinste Gartenarchitektur. Die Anhöhe mit Sicht gegen die Stadt hin: ein Ort des Friedens.

Als wir später wieder dorthin kamen, blühten die Kirschbäume. Wir schauten uns nur an, wussten sogleich, dass dieser Ort einmal unsere letzte Heimat sein wird. Ohne dass wir sofort darüber hätten sprechen können.

Ein Jahr später traf ich dort oben mit einem älteren Mann zusammen, der ein paar reife Kirschen stibitzte. Er zupfte auch ein paar Früchte für mich ab. Es war wie eine Bestätigung, dass wir zu diesem Ort gehören. Und jedes Jahr, wenn die Kirschen reif sind und ich zur rechten Zeit dort vorbei komme, denke ich an das Sprichwort, das da lautet: Mit dir isch guet Chriesi ässä. (Mit Dir ist es gut, Kirschen zu essen.)

Und heute Nachmittag überraschten mich die Bäume in ihrer schönen Anordnung auf dem Gemeinschaftsgrab erneut. Die Kirschen strahlten. Sie strotzen vor Gesundheit. Ihre Farben leuchten. Der kurzfristige Frühling, der an verschiedenen Orten in den Winter zurück fiel, hat hier oben keine Blüten erfrieren lassen.

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