Donnerstag, 6. April 2017

Ein Novum: Begleitung nur mit Gesten

Meine Tageskarte für Tram, Bus und S-Bahn war noch einen halben Tag lang gültig, als mich das frühlingshafte Wetter kitzelte und mich verführte, die Arbeit zu Hause liegen zu lassen und in die Stadt zu fahren.

Es traf sich, dass ich in Zürich-Altstetten einen Zug erwischte, der ohne Zwischenhalt in den Hauptbahnhof fuhr. Ich landete in der untersten Etage, die wir die goldene nennen, weil ihre Decke mit Goldfarbe geschmückt ist.

Ich tauchte im Umfeld des Landesmuseums auf und empfand diesen Ausgang aus der Unterwelt als guten Hinweis, der Limmat entlang zu Fuss nach Altstetten zu gehen. Ich war ohne fixes Programm unterwegs.

Noch war ich nicht am Platzspitz angekommen, da wo sich Limmat und Sihl vereinen, als eine junge, englisch sprechende Frau auf mich zukam. Ich verstand, sie sei Chinesin, käme aus Peking. Sie suchte den Ort des Hotels Helmhaus. Ich konnte ihr signalisieren, dass ich den Weg dorthin kenne. Ich spreche nicht englisch, kann aber einfache Sätze verstehen. Unsere Konversation bestand auf ihren englischen Sätzen und meinen antwortenden Gesten.

Ich führte sie diagonal durch die grosse Bahnhofhalle, weiter auf den Steg über die Limmat, wo die Seitenwände mit unzähligen Schlössern bestückt sind. Eine Form von modernen Liebesschwüren. Sie zeigte auf sie, als ob sie solche schon kenne. Als ich dazu sagte, I love you, I love you schmunzelte sie verständnisvoll.

Der schwere Rollkoffer machte ihr auf dem Steg zu schaffen. Auch die Pflästerung auf dem Trottoir am Limmatquai bremste ihn. Mühsam für sie und für ihren Koffer. Aber helfen durfte ich nicht. Ich versuchte auch, nachzufragen, ob sie ein Ticket fürs Tram besitze. Die Antwort war für mich nicht verständlich. Wir näherten uns aber bald dem Ziel. Sie erkannte das Helmhaus von der Foto im iPhone und schien erleichtert. Ich bewunderte ihr Vertrauen in meine Begleitung.

Am Limmatquai, unter den Arkaden, servierten junge Kellner aus dem Gasthaus Saffran Gäste im Freien. Den erstbesten fragte ich nach dem Hotel Helmhaus und dass ich diese Frau aus Peking dorthin führen möchte. Er bestätigte, dass es dieses Haus gebe und wie wir dorthin kämen. Ein zweiter informierte die Chinesin auf Englisch, und mich wies er mit ähnlichen Gesten, wie ich die junge Frau hierher geführt hatte zum Ziel. Ihr erlösender Seufzer, als sie den Namen Hotel Helmhaus lesen konnte, werde ich nicht so schnell vergessen.

Vor dem Hoteleingang stand ein kleiner Gartentisch mit 2 Stühlen. Sie bat mich, hier zu warten. Sie werde jetzt ihre Ankunft melden.

Ich setzte mich, vertiefte mich in den Hotelprospekt. Kurz darauf brachte mir die Rezeptionistin ein erfrischendes Wasser in einem sehr schönen Glas und dankte, dass ich die Frau aus Peking hierher begleitet habe.

Und ich danke den Kellnern und der Rezeptionistin, dass ich von ihnen unterstützt worden bin. Ich half jemandem und mir wurde ebenfalls geholfen.

Diese Einsicht machte meinen freien Nachmittag wertvoll.

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