Ganz anders früher. Da wurde unser Kachelofen mit Holz und Kohle
gefüttert, und das war hauptsächlich meine Aufgabe. Ganz im
traditionellen Mutter-Verständnis von damals. War ich ohne grosse
Unterbrüche zu Hause, war es hier gemütlich und warm. Wir liebten
unseren Ofen, der von der Küche her geheizt wurde. Im Spätherbst, wenn
die Saison begann, jubelten die Kinder, wenn sie Feuer entfachen und dem
Knistern der Tannenholzspäne zuhören konnten. Und alle liebten wir die
auf dem Ofen lagernden, mit Kirschensteinen gefüllten Stoffsäcke. Froren
wir beim Heimkommen aus der Stadt, legten wir sie auf den Boden,
standen darauf und lehnten an den Ofen. Und sogleich kehrte unsere
eigene Wärme zurück. Wir nahmen sie auch ins Bett mit. Sie waren immer
richtig warm, ganz anders als die Bettflaschen, die mit warmem oder
heissem Wasser gefüllt werden müssen.
Im Ofen konnte auch gekocht werden. Die beiden Fächer wurden rege
benützt. Von der Küche her, hinter einer Klappe, brodelten Eintöpfe und
briet Rösti. Im Stubenfach liessen wir Wasser verdunsten. Da konnten die
Kinder auch beobachten, wie sich am emaillierten Gefäss Kalk ablagerte
und Gesteinswände entstanden. Das aus Messing hergestellte Ofentürli in
der Stube wurde jeweils von Felicitas hingebungsvoll poliert und sah
dann wie ein Schmuckstück aus.
Es faszinierte uns auch das Simmern im Ofen, das vom verdunstenden
Wasser ausging. Obwohl sehr leise, tönte es doch so, wie wenn
Geschichten erzählt würden. Lauschten wir ihnen, fühlten wir, dass hier
unser unverwechselbares Zuhause sei. Das ist denn auch der grösste
Verlust, den uns die moderne Gasheizung, mit der wir übrigens sehr
zufrieden sind, abverlangte. Das Simmern ist verstummt.
Auch in unserer ersten gemeinsamen Wohnung in Zürich-Höngg mussten wir selber heizen. Primo sagte oft, Holz gäbe doppelt warm. Erstmals, wenn wir es in den dritten Stock hinauftrügen und dann, wenn es verbrannt werde.
Wir heirateten in jenem Oktober, dem dann der sehr kalte Winter mit
der „Seegfrörni“ folgte. (1963 gefror der Zürichsee zum letzten Mal.)
Unsere schlecht isolierte Wohnung war kaum zu erwärmen. In der
Dachlukarne, die mir als Kühlschrank diente, gefror die Milch zu einem
Block. Meinem Schwager, der in einem hinteren, nicht beheizbaren Zimmer
wohnte, schob ich jeweils am Morgen nach dem Betten eine heisse
Bettflasche unter die Decke, um ihm eine minimale Wärme bereit zu
halten. Es bildete sich dann Kondenswasser, und die Matratze schimmelte.
So waren die Verhältnisse früher.
Und zum Heizen gehörte die Kaminreinigung mit dem unheimlichen
Russ, der sich in unserer Stube überall absetzte. Mit Leintüchern deckte
ich Schränke und die offene Bücherwand jeweils vorsorglich ab, wenn ich
den Kaminfeger erwartete. Wir lebten wirklich elementar.
Wenn die Holzlieferung angesagt war, hatte ich immer ein schlechtes
Gefühl, dass sich die wackeren Männer für uns abmühen müssen, obwohl es
ihr Beruf war. Ein Trinkgeld allein konnte doch ihre Rücken nicht
stärken. Einmal ergab es sich wieder, dass eine extreme Kälte wochenlang
anhielt und das Holz und die Kohle überall knapp wurden. Es war vor
Weihnachten und alle Kundschaft drängte auf Lieferung. Wir wurden als
letzte noch bedient. 4 Männer trugen am 23. Dezember die schweren Lasten
in unseren Keller. Es war 8 Uhr abends. Man sah ihnen an, wie erschöpft
sie waren. Da luden wir sie ganz unkompliziert zu Kaffee, Fleisch, Käse
und Brot an unseren Tisch ein. Sie langten gerne zu, konnten aufatmen,
denn sie hatten ihr Soll mehr als erfüllt. Wir kamen ins Gespräch. Ich
erinnere mich gut, weil dieses Zusammensein für mich zu den schönsten
Weihnachtserlebnissen gehört.
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