In den Wintermonaten tranken wir Milch aus der Packung. Jetzt aber
pedale ich wieder zum Bauernhof und hole dort Frischmilch. Vor wenigen
Tagen, als letzte Schneeflecken und Eiskristalle an den Strassenrändern
verschwunden waren, eröffnete ich unsere persönliche, neue Milchsaison.
Es war ein besonders heiterer Tag. Die Sonne vermochte den zähen
Hochnebel endlich aufzulösen und ihr Licht wieder in alle Winkel
auszustrahlen. Auf der Strasse, im Bus und Tram war dieses Licht ein
dankbares Gesprächsthema. So muss Freude an der wieder sichtbaren Sonne
im hohen Norden empfunden werden, wenn die Polarnacht zu Ende ist und
erste Sonnenstrahlen auftauchen. Diesen Augenblick nennen sie die Wiederkehr des Lichts.
Auf den Wiesen in meinem Umfeld hatte sich über Nacht Raureif
gebildet. Er begann sich aufzulösen, als ich mit dem Velo zum Bauernhof
nach Schlierenberg fuhr. Einige der gerade entstandenen Wassertröpfchen blitzten rot auf, als ob sie Kristalle wären.
Die Sonne wärmte meinen Rücken. Mein Schatten fuhr vor mir her,
begleitete mich auch, als die Strasse der ursprünglichen
Ost-West-Richtung nicht mehr folgte. Jetzt sah ich mein Abbild im
angrenzenden Rapsfeld mitfahren. Ein lustiges Spektakel, nur für mich.
Auf der Rückfahrt wurde ich vom Licht geblendet. Und mein Schatten
fuhr mir hinten nach. Ich konnte ihn nicht sehen, wusste aber, dass er
mich immer noch begleite. Und es blitzten in mir die Worte Ende Fin auf, wie wir sie von Charlie Chaplin-Filmen kennen. Bald war ich zu Hause und meine heitere Ausfahrt auch zu Ende. Ich fühlte mich beschwingt.
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