Freitag, 19. Juni 2015

EXPO 2015: Für die Lebensfreude wurde auch gesorgt

Im Umfeld des Baum des Lebens (Lake Arena) traten öfters italienische Folkloregruppen auf. Musikanten in Trachten ihrer Region. Mit Fahnen, Trommeln, Schalmeien, Säbeln und Schwertern führten sie traditionelle Tänze auf. Jedes Mal aus einer anderen Gegend Italiens. Zudem sind dort neuartige Schaukelstühle in der Form von Zwirbeln platziert. Hier wird viel gelacht. Und der prächtige Springbrunnen steigert jede Begeisterung.

Auch die Hauptstrasse wurde oft als Bühne erlebt. Clowns und Jongleure traten auf. Einmal schauten wir 2 Männern zu, die sogar mit ausgewalltem Pizzateig jonglierten.

Im Umzug marschierten Menschen als Äpfel, Birnen, Tomaten und Randenknollen verkleidet einher. Farbenprächtig, fröhlich, lustig. Italienisches Disneyland.
Viel Applaus erntete New-Orelans-Jazz. 9 Männer sassen in einem Gefährt, das Velo ähnlich wie ein Verkaufskiosk fortbewegt wurde. 3 Männer hintereinander, 3 Männer nebeneinander sitzend, traten in die Pedalen und spielten gleichzeitig Musik.

Zu den Lebensfreuden zähle ich auch die Fotografie von flatternden, farbigen Bändern im vornehmen Zelt des Iran. Aus ihnen muss die Gestaltung des Wortes IRAN für diese Ausstellung entwickelt worden sein.

Lebensfreude kann auch im Erfolg jener Länder entdeckt werden, die um Wasser ringen müssen. Z.B. Oman. Ihre Darstellungen sind eindrücklich.

Und dank 3D-Filmen kamen uns Menschen aus der Pionierzeit von Israel nahe.

Marokko führte im Film die Herstellung von handgepresstem Arganöl vor. In ihrem Pavillon werden besonders die Sinne angesprochen und feinste Gewürze angeboten. In diesem Marokko fühlte ich viel Harmonie.

Ausserhalb der EXPO waren besondere Orte in der Stadt Milano für uns interessant. In einem Reiseführer las ich über die Galerie Vittorio Emanuele, sie sei die gute Stube der Italiener. Der Ort zum rituellen Abend- oder Sonntagsbummel. Wir schlenderten gegen Mittag durch diese feudale Einkaufsgalerie. Gebaut und überdacht wie ein Königspalast. Sie ist belebt. Sie beflügelt einen. Ich staunte, dass sie nicht nur den Reichen und Prominenten zugänglich ist. Hier sind die weltweit bekannten Labels anzutreffen. An den Schaufenstern ihrer Geschäfte strahlen ihre Namen golden auf schwarzem Grund. Promenieren durften auch wir über den mit Mosaiken geschmückten Boden.

Am Ausgang der Galerie Richtung Scala wurde Primo auf die Ausstellung IL MONDO DI LEONARDO aufmerksam (Die Welt des Leonardo da Vinci). Sie zog ihn buchstäblich ins Museum hinein und wir folgten ihm. Dank Audioguides in deutscher Sprache kamen wir den Ideen und Erfindungen des damaligen Universalgenies nahe. Diese Ausstellung dauert bis 31. Oktober 2015.

Primo bezeichnete die Metro ebenfalls als Stube Italiens. Die ¾ Stunden dauernden Fahrten zum EXPO-Gelände boten uns ein Bild von den hier lebenden Menschen. Auch von Touristen. Wir beobachteten die Menschenströme, ihr Kommen und Gehen, ihre Gesten und eine allgemein fühlbare wohltemperierte Wesensart. Woher? Wohin? Wir hörten auf die Sprachen, vereinzelt auch auf Schweizerdeutsche Worte. Sah man eine Zeit lang ein Gegenüber, verschwand es, wenn viele Personen zustiegen und nur einen Stehplatz vorfanden. In den Metrozügen von Milano sind einzig seitlich Sitzplätze eingerichtet. Sah man eine Zeit lang ein Gegenüber, verschwand es, wenn viele Personen zustiegen und nur Stehplätze vorfanden. Einmal sassen Primo, Letizia und ich auseinander verstreut. Als viele Reisende an einem Knotenpunkt ausstiegen, zwinkerten wir einander zu. Da wurde ich auf einen Mann aufmerksam, der auf uns aufmerksam wurde. Er bemerkte plötzlich, dass wir zusammen gehörten. Ich sah seine Augen von einem zum andern schweifen. Wie wenn er ein gleichschenkliges Dreieck gezeichnet hätte.

Im dichtesten Gedränge auf einer langen Strecke, etwa 20 Minuten lang, sprach ein junger Mann in ein Mikrofon, übte vielleicht eine Rede. Es tönte nach Klartext. Die scheppernde Metro bot ihm Schutz, liess die Sätze zittern. Niemand störte sich an ihnen. Das Fensterglas spiegelte den Auftritt des Mannes. Auch er wurde geübt. Er schien sich zu gefallen.

Das Gebiet NAVIGLIO GRANDE haben wir auch besucht. Hier fliesst Wasser durch einen 50 Km langen Kanal. Einst diente er als Wasserstrasse. Er verbindet Milano mit dem Fluss Ticino, der über den Po Warentransporte zur Adria ermöglichte. Zufällig trafen wir auf einen vielfältigen Gemischtwaren-Markt. Vom alten Werkzeug über Textilien, Hüte, Bücher, geschliffene Glaskugeln, Schmuck usw. Altes und Neues nebeneinander. Ein Händler hätte uns einige wenige 5-Liber (Fünffrankenstücke aus der Schweiz) verkauft, wenn wir den überhöhten Preis bezahlt hätten. Dieser Marktfahrer, ein alter Mann, hat die Münzen vielleicht zu einer Zeit gekauft, als der Schweizerfranken, anders als damals die Lira, einen sicheren Wert darstellte.

Dieses Gebiet NAVIGLIO GRANDE strömt viel kleinstädtisches Flair aus.

Dann trafen wir in seinem Umfeld auch noch auf den MERCATO METROPOLITANO. Eine alte Umschlaghalle für den einstigen Engros-Handel wurde in einen Lebensmittelmarkt umgewandelt. Mit fix eingerichteten Kojen. Grössere und kleinerei, alle in demselben Stil. Ein schöner Ort. Für verschiedenste Produkte einheitlich gestaltet. Einheitlich auch die handschriftliche Beschriftung. Sie sprach unsere gemeinsame Wellenlänge an.
Wahrscheinlich war das der sinnenfreudigste Ort, mit dem wir auf unserer Reise bekannt wurden. Hier trafen wir auf reelle Produkte: Brote, Fleisch, Gemüse, Teigwaren, Getränke usw. Lebendige Nahrung. Auch Verpackungen signalisierten Natürlichkeit. Alle hier tätigen Menschen waren engagiert, strahlten Begeisterung aus.
An diesem Ort, auch im Freien, konnte man auch essen. Vor dem Eingang boten junge Männer 4 Sorten Smoothies an. Pürierte Salate kombiniert mit Apfel, Beeren und Knollenfrüchten aus biologischem Anbau. Moderne Ernährung, zum Trinken.

Erstmals beobachteten wir in dieser Mercatohalle, wie ein Gast sein Glas Wein zum Mittagessen aus einem Getränkeautomaten beziehen konnte. Der Code auf dem Kassabon öffnete das Hähnchen, das den Wein seiner Wahl ins Glas fliessen liess.

IMG_7709_starhotel_echo_milano_breakfastroom Plötzlich schien mir, dass Gedanken, die der Expo 2015 zugrunde liegen, bereits keimen.
Das von Letizia ausgesuchte STARHOTEL E.C.HO im Umfeld des Hauptbahnhofes, entspricht ebenfalls einem Anliegen der EXPO-Philosophie. Hier seien beim Umbau des Hauses auf tiefen Energieverbrauch und Verwendung von bioökologischem Material geachtet worden.

Der Frühstücksraum in diesem Haus signalisiert Grün, empfängt die Gäste in einem Garten. Eine einzigartige Fototapete lässt uns im Glauben, draussen zu sitzen. Die damit erzeugte heitere Atmosphäre war nicht zu übersehen.

In Milano wacht die Marienfigur MADONNINA auf der höchsten Domspitze über die Stadt. Sie gilt als Wahrzeichen von Milano. Es heisst, dass sie bei gutem Wetter von Bergamo und auch von den nördlichen Voralpen am Comersee aus zu sehen sei.

Ganz nahe zu sehen ist diese goldene Marienfigur als Kopie auch auf dem EXPO-Gelände.

Weit ausstrahlen dürfte ebenfalls ganz allgemein die EXPO 2015. Mit ihrem grossem Engagement, mit vielen Errungenschaften, auch mit ihren Möglichkeiten, einander besser kennen zu lernen. Die anfänglich negativen Schlagzeilen müssen zur einseitigen Berichterstattung gehört haben.

In meinem 3-teiligen Bericht wurde nicht jede Einzelheit, die mich angsprochen hat, aufgeführt. Ich kann nur ermuntern, hinzugehen, zu schauen, zuzhören und eigene Schlüsse ziehen. Und wie gesagt: Englische oder Italienische Sprache erleichtert alles.

Anfänglich sah ich das Geschaute nur um mich schweben, an mir vorbeiziehen. Jedes neue Bild deckte ein vorgängiges ab. In der Zwischenzeit haben sich die Themen zu einem Erinnerungsschatz verfestigt.

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