Das Bild dazu kann ich hier nicht zeigen. Aber aus einer kleinen Schrift, die das Kunsthaus zur Verfügung stellt, Munchs eigene Worte zum Bildinhalt wiedergeben:

Hier wird vom Schrei der Natur gesprochen. Mir erschien
diese Bezeichnung sofort umfassender. Wir alle sind Natur, eingebettet
in Natur. Wir erfahren sie innerhalb und ausserhalb von uns.
Ein 3. Titel, den ich etwas später entdeckte, liess mich das Bild
dann noch besser verstehen. Dem erwähnten Text gegenüber ist die
dazugehörige Lithografie abgebildet. Und sie trägt den Titel Das Geschrei.
Das Bild zeigt Munch oder den personifizierten Schrei, an ein
Geländer angelehnt. Die Freunde sind weggegangen, schauen nicht mehr
zurück. Das Wasser im Fjord ist ruhig. Der Himmel bewegt, ängstigt aber
nicht. Munch schrieb von Blut und Feuerzungen. Das reproduzierte Bild,
das ich vor mir habe, zeigt nur eine schwarz-weisse Version.
Da steht einer und schreit. Mit weit aufgerissenen Augen. Mit den
Händen die Ohren verschliessend und gleichzeitig den Kopf stützend.
Schreit er nach innen, um das Geschrei in seiner Seele zu übertönen, es
zu ängstigen, dass es verstumme?
Die Freunde, die weitergegangen sind, können ihn nicht hören. Und
die ruhige Natur um ihn nicht trösten. Es wird verständlich, dass alle
Bilder von Munch, die als Der Schrei bekannt geworden sind, auch Der Schrei der Natur und Das Geschrei darstellen. Wir begegnen ihnen öfters auch als Illustration, wenn Ausweglosigkeit dargestellt werden soll.
Obwohl die Bilder dieser Ausstellung Abgründe aufzeichnen und davon
erzählen, wie einsam und verlassen sich dieser Mann immer wieder
gefühlt haben muss, drückten uns die Werke nicht nieder. Der
künstlerische Ausdruck und die grossartige handwerkliche Technik stellen
das Gegengewicht dar.
Und sie wecken Mitgefühl und lösen Gespräche aus. Munch wird
vermehrt verstanden. Man beschäftigt sich mit ihm. Für manch leidende
Persönlichkeiten mögen seine Bilder Trost sein. Jetzt hat er Freunde,
die bei ihm bleiben und ihn verstehen.
In dieser Ausstellung werden 150 grafische Meisterwerke gezeigt, die in solcher Gesamtheit noch nie ausgestellt worden sind.
Die Ausstellung im Kunsthaus Zürich dauert noch bis 12. Januar 2014.
Im Internet sind Abbildungen von Munchs Schrei zu finden. Es existieren verschiedene Repliken und auch Gemälde zu diesem Thema. Auch farblich gibt es Variationen.
Die Ausstellung zeigt noch weitere Aspekte aus den Grunderfahrungen
unserer menschlichen Existenz: Liebe, Leidenschaft, Einsamkeit und
Trauer. Der Schrei ragt nur für mich so dominant heraus.
Gepackt hat mich aber auch die Darstellung einer Frau, die sich vom
Mann abgewendet hat. Sie schaut aufs Meer. Der Wind lässt ihre langen
Haare waagrecht flattern. Und weil sie sehr lang gewachsen sind, können
sie den hinter sich stehen gelassenen Mann berühren. Wenn ich mich recht
erinnere, setzten sich die Haarspitzen auf seiner Schulter ab. Ist er
berührt und hofft er, dass er noch nicht ganz verlassen worden ist?
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